No. 7 Lösch mir die Augen aus

Lösch mir die Augen aus

Lösch mir die Augen aus: ich kann dich sehn,
wirf mir die Ohren zu: ich kann dich hören,
und ohne Füsse kann ich zu dir gehn,
und ohne Mund noch kann ich dich beschwören.
Brich mir die Arme ab, ich fasse dich
mit meinem Herzen wie mit einer Hand,
halt mir das Herz zu, und mein Hirn wird schlagen,
und wirfst du in mein Hirn den Brand,
so werd ich dich auf meinem Blute tragen.


Eisiges Herz und Dunkle Nächte

Bier statt Fragen, Tequila statt Tränen. Wir zerbrechen nicht, nur das Herz wird uns kalt, wie ein Klumpen Eis in der Brust. Und du stehst da, wie angewurzelt, mal nicht davonlaufen, sondern leise beten, dass man das alles vielleicht nur träumt. Ein Bild brennt sich in meine Netzhaut ein und eine Narbe reisst auf, es blutet nicht, es eitert nur. Die Nacht verschlingt mich, frisst mich mit Haut und Haaren und spuckt bittere Galle aus. In dieser Stadt ist es einsam, nachts um halb zwei. Die Lichter lügen. Beton statt Ziegelsteine, eine Mauer aus einem Guss für mich und dein gefrorenes Meer. Wir fühlen uns schwer und schwerer angesichts der Leichtigkeit. Da kommen Dinge ans Licht, die keine Namen verdienen – nenn sie Dinge und reiss dich zusammen. Sammel dich vom Boden auf, zwischen den Kippen und den Pfützen und den vielen zertretenen Freuden liegt ein Stück Herz. Beinahe wäre ich daraufgetreten. Oh, es gehört mir, na sowas. Anschnallen, weitertanzen, die Füsse im Himmel, das Hirn unterm Arm und das Herz, das Herz...

(Seltsam, denke ich, wie Gedichte, obwohl sie willkürlich ausgewählt wurden, manchmal eine Art Gedankenlinie bilden. Wie sie Berührungspunkte schaffen, die ich dann versuche zu verbinden. Wie durch diese Verbindungen Bilder entstehen, manchmal dazu sogar eine Art Erkenntnis. Es drängt sich der Gedanke auf, dass eigentlich die Gedichte mich aussuchen und dann abwarten. Abwarten, um anzukommen und im besten Fall nicht nur mich zu berühren. Als wären sie Teil einer grossen Geschichte: Und keiner von uns jemals wieder allein. Sondern Teil eines Wissens, das immer schon da war, aber vergessen wurde.)

(Seit ich denken kann, faszinieren mich Augen. Ihre Komplexität und Ausdruckskraft haben mich immer wieder in ihren Bann gezogen. Dieses Bild habe ich mit Öl auf Papier gemalt und mit einem Spachtel bearbeitet. An diesem Werk habe ich regelmässig an vier Tagen gearbeitet, um die Tiefe und Lebendigkeit der Augen einzufangen. Jede Schicht Farbe und jeder Spachtelstrich war ein weiterer Schritt in die Welt der Emotionen und Geheimnisse, die Augen erzählen können.)

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No. 7. 1 Advent

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No. 6 Die roten Rosen waren nie so rot