No. 23 Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen
Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiss noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein grosser Gesang.
Zwischen Licht und Schatten
(inspiriert von „Both Sides, Now“)
Ich habe das Leben von beiden Seiten gesehen
als Versprechen und als Verlust.
Erst als Traum aus Zuckerwatte,
dann als Regen, der nicht fragt, wohin er fällt.
Ich habe die Liebe von beiden Seiten gespürt
als Tanz im Licht,
als leises Verstummen zwischen zwei Blicken.
Erst als Flügel, dann als Gewicht auf der Brust.
Und selbst mein eigenes Ich
habe ich von beiden Seiten betrachtet:
die, die hofft,
und die, die längst weiss,
dass Hoffnung auch weh tun kann.
Was bleibt?
Nicht Wahrheit, nicht Gewissheit.
Nur diese Ahnung,
dass die Illusionen
nicht weniger wirklich waren als der Schmerz.
Und dass wir wachsen,
nicht trotzdem
sondern weil wir zweifeln.
Im Kreis der Gedanken
Bis das Gehirn nur noch Brei ist.
Bis es dir aus jeder Pore sickert und dich vollständig umhüllt
von Kopf bis Fuss, bis nichts mehr bleibt von dem, was war,
und du längst vergessen hast, was noch kommen könnte.
Bis du darin zerfliesst, dich auflöst,
still, am Rand von allem,
blind, taub, mit Federn im Haar
und keinem Hauch von Wind mehr auf der Haut.
In deinem Kopf drehen sich die Gedanken endlos im Kreis.
Schlechter Schlaf ist längst Gewohnheit,
und der Hunger nach Ablenkung wächst
so gross wie deine Zweifel,
so tief wie das leise Vertrauen in dir,
dass am Ende, irgendwie, alles gut werden wird.