No. 9.1 Eine emotionale Reise
Die Liebenden
Sieh, wie sie zueinander erwachsen:
in ihren Adern wird alles Geist.
Ihre Gestalten beben wie Achsen,
um die es heiss und hinreissend kreist.
Dürstende, und sie bekommen zu trinken,
Wache und sieh: sie bekommen zu sehn.
Lass sie ineinander sinken,
um einander zu überstehn.
Eine emotionale Reise
Manchmal habe ich Angst, dass du nur in meinem Kopf existierst, dass du ein Hirngespinst bist, das ich wie Tagträume, Schutzschilder und Demoplakate gegen die Ungerechtigkeit der Welt mit mir herumtrage. Manchmal fürchte ich mich und manchmal fürchte ich dich und das, was zwischen uns passiert – ob es nun wirklich geschieht oder nur in meinen Gedanken. Dann wieder ist dein Kuss so real, dein Lächeln und dein Geruch, der an mir haftet und den ich mit Inbrunst und einer leisen Angst festhalten möchte. Dein Duft, dein Lächeln, deine Hände in meinem Nacken – ich will sagen: dort gehören sie hin, genau dort. Doch dann holt mich die Realität zurück, ins Hier und Jetzt – du bist nicht da, dein Lächeln nur in meinem Kopf und deine Hände irgendwo. Du bist nicht da, dein Lächeln nur in meinem Kopf und meine Gefühle weissgottwo, wie in einem Traum, durchgeschüttelt von Emotionen.
Zu Beginn des Projekts für diese Karte stand die Idee, ein Bild der Dirigentin zu schaffen, das die Musik in den Mittelpunkt rückt, inspiriert von Rilkes Gedicht "Die Liebenden". Die Vision war, die Dirigentin in einem Moment der Hingabe an die Musik festzuhalten. Am Ende des Projekts entstand ein Bild voller Licht und Wärme, das die Frau in ihrer ganzen Anmut und Stärke zeigt. Dieses Bild verkörpert nun die Essenz der Musik und die Tiefe der Emotionen, die sie hervorruft. Es bringt gleichzeitig einen Wunsch für das neue Jahr mit sich – möge es erfüllt sein mit vielen schönen Momenten, der Magie der Musik sowie zahlreichen neuen Begegnungen und Erlebnissen, die unsere Herzen erfüllen.
Ein weiteres Mal hatte ich das Vergnügen, einen wunderbaren Menschen zu fotografieren. Das Bild entstand mit zwei Lampen, einer Lichterkette und einem schwarzen Tuch in einem engen Raum. Der begleitende Text "Eine emotionale Reise" entstand nach der Bearbeitung der ersten Bilder.
Nach dem Schreiben, Fotografieren, Malen und all den Schritten, die zur Fertigstellung dieser Karte nötig waren, kuschelte ich mich mit einer Flasche Rotwein auf dem Sofa ein. Ich lies Vivaldis "Die vier Jahreszeiten" erklingen, beginnend mit dem Frühling, durch den Sommer und Herbst bis hin zum Winter und wieder zurück.
In Momenten wie diesen, tauche ich tief in die Musik ein und lasse mich von den Melodien tragen, während ich den Zauber des Augenblicks geniesse.
No. 5 Magie
Magie
Aus unbeschreiblicher Verwandlung stammen
solche Gebilde-: Fühl! und glaub!
Wir leidens oft: zu Asche werden Flammen;
doch: in der Kunst: zur Flamme wird der Staub.
Hier ist Magie. In das Bereich des Zaubers
scheint das gemeine Wort hinaufgestuft...
und ist doch wirklich wie der Ruf des Taubers,
der nach der unsichtbaren Taube ruft.
Die Magie des Lebens
Vielleicht ist dieses Dahintreiben, dieses Aufstehen, Arbeiten und Freizeitgestalten ohne grosses Nachdenken, der eigentliche Normalzustand. Wenn dem so ist, dann habe ich meine Alltagssorgen und die versteckten Wunder, die man leicht übersieht, weil man den Blick stur geradeaus richtet und weder nach links noch nach rechts oder gar in den Himmel schaut, ganz gut im Griff. Dort oben gibt es derzeit ohnehin wenig zu sehen, bei all den Wolken und dem Grau.
Vielleicht ist das genau das, was ich momentan brauche – und dennoch wünsche ich mir insgeheim einen Wolkenbruch. Denn nach dem Regen kommt die Sonne, und ich gebe die Hoffnung nicht auf. Es ist die Magie des Lebens, die uns immer wieder überrascht und uns zeigt, dass nach jedem Sturm ein neuer Anfang wartet.
(Mein Aufruf zur Wertschätzung der geheimnisvollen Aspekte des Lebens ist eine Einladung, das Unerklärliche zu umarmen. In einer Welt, die von Logik und Vernunft dominiert wird, sollten wir die Magie des Unbekannten nicht vergessen. Diese rätselhaften Momente bereichern unser Leben und lassen uns staunen.)
PS:
Gestern verliess ich widerwillig das Haus und wurde sofort von einem fantastischen Himmel mit leuchtendem Blau und Grautönen überrascht. Meine Laune stieg schlagartig! Manchmal genügt eine kleine Überraschung draussen, um die Welt wieder schön zu finden. Auch Dürer lernte im Alter, das Einfache zu schätzen: „Als ich jung war, erstrebte ich Vielfalt und Neuheit; nun in meinem Alter habe ich begonnen, das natürliche Gesicht der Natur zu sehen...“